Kopfchaos

ADHS im Alltag – mit Hirn, Herz und Hoppalas


Emotionale Vollgas-Fahrerin – Leben mit ADHS und Gefühlsturbos

Es gibt Tage, da heule ich wegen eines Werbespots mit einem
traurigen Hund. Oder weil jemand in einer Serie etwas Nettes sagt. Oder weil
ich auf Instagram ein Video sehe, in dem ein Kind seinem Papa zum ersten Mal
„Ich hab dich lieb“ sagt. Bäm. Tränen. Und zwar sofort, ohne Umweg, ohne
Schleife – direkt durch ins Herz.

So ist das bei mir mit ADHS und Emotionen: Vollgas statt
Tempomat.

ADHS – das Gehirn auf der Gefühlsturbobahn

Wissenschaftlich nennt sich das Ganze emotionale
Dysregulation
. Klingt ein bisschen wie ein defekter Thermostat – und
ehrlich gesagt, fühlt es sich auch so an. Unser inneres Gefühlsbarometer
springt oft blitzschnell von „alles super“ zu „Weltuntergang“, ohne dass man
dazwischen gross was steuern kann.

Forschungen zeigen, dass viele Menschen mit ADHS, Emotionen intensiver
und unmittelbarer erleben
. Das liegt u. a.
daran, dass das „emotional regulierende Zentrum“ unseres Gehirns – der präfrontale Kortex – bei ADHS
anders funktioniert. Der Filter, der bei anderen wie ein Puffer wirkt („Warte kurz, ist das wirklich so schlimm?“), ist
bei uns… sagen wir mal… im
Urlaub
.

Reaktionen im Express-Tempo

Ich reagiere schnell. Und deutlich. Ich kann bei
Ungerechtigkeit nicht einfach „drüberstehen“. Ich spüre Enttäuschung wie einen
Faustschlag. Und wenn ich mich freue – dann so richtig! Mit Glitzern in den
Augen, Herzklopfen und einem inneren Feuerwerk. Gefühle sind bei mir keine
leisen Hintergrundgeräusche, sondern ein Orchester in voller Lautstärke.

Es ist ein bisschen, als wäre ich ein Radio ohne
Lautstärkeregler – immer voll aufgedreht. Nur dass ich nicht immer entscheiden
kann, welcher Sender gerade läuft.

Emotionale Reaktionen verstecken? Schwieriger als das
Handy finden

Ich bewundere ja Menschen, die in Konflikten ruhig bleiben,
tief durchatmen und sachlich argumentieren. Mein ADHS-Gehirn dagegen feuert
sofort: Herzklopfen, Tränen, Ärger, manchmal auch eine explosive Mischung aus
allem.

Ich kann meine Gefühle nicht gut verstecken – und will es
ehrlich gesagt auch gar nicht immer. Ich bin nun mal so. Und je mehr ich
mich dafür verurteile, desto schlimmer wird’s. Also umarme ich inzwischen meine
grosse Klappe, meine empfindliche Seele und meine glitzernden Tränen – sie
gehören zu mir.

Was hilft (manchmal – nicht immer, aber immerhin):

  • Benennen,
    was los ist.
    Wenn ich sage: „Ich reagiere gerade über, weil mich das
    echt trifft“, schafft das Raum. Für mich. Und für mein Gegenüber.
  • Kurze
    Pause, tief durchatmen.
    Klingt abgedroschen – aber manchmal reicht
    eine kleine Unterbrechung, um nicht sofort aus der Haut zu fahren.
  • Darüber
    sprechen – nicht schämen.
    Gerade wir mit ADHS neigen dazu, uns für
    unser „Zu viel“ zu entschuldigen. Dabei ist das Gefühl an sich
    nicht falsch – es ist nur etwas… lauter.

Fazit:

Meine Emotionen sind manchmal stürmisch, übertrieben,
ungebremst. Aber sie sind auch ehrlich, tief und leidenschaftlich. Ich weine
schnell, ja – aber ich liebe auch schnell. Ich bin sofort entflammt – für
Ideen, Menschen, Gerechtigkeit. ADHS macht mein Leben vielleicht chaotischer,
aber auch bunter, gefühlvoller, echter.

Und wenn ich das nächste Mal bei einem Hundevideo heule oder
wegen einer Kleinigkeit emotional werde? Dann weiss ich: Ich bin nicht zu
sensibel. Ich bin einfach ich – mit ADHS, Herz und voller Gefühlskraft voraus.



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