Heute Morgen war ich mit meinen Hunden spazieren.
Weil Chiara am Montag operiert wurde (sie musste einen Polypen und eine Umfangsvermehrung entfernt bekommen), machen wir im Moment nur kurze Runden durchs Quartier. Normalerweise gehen wir in den Wald oder übers Feld, aber das geht gerade nicht.
Also kam es, wie es kommen musste: Chiara musste sich auf einer der wenigen Rasenflächen hier erleichtern.
Ich habe ihr Geschäft natürlich brav weggeräumt – wie immer. Trotzdem rief eine Nachbarin aus dem Fenster, ich solle doch bitte darauf achten, weil hier auch Kinder spielen. Sie sagte es freundlich, wünschte mir sogar noch einen schönen Tag. Eigentlich kein Drama, oder?
Aber für mich schon.
Warum mich so etwas nicht loslässt
Andere hätten das vielleicht mit einem „Okay, passt“ abgehakt und wären weitergegangen.
Ich hingegen? Ich laufe nach Hause – mit dem vollen Kopf.
- Habe ich etwas falsch gemacht?
 - Muss ich mich rechtfertigen?
 - Warum stören sich Menschen an Hundehaufen, wenn ich sie doch wegräume?
 - Und warum sagt niemand etwas zu Katzen, die ihre Hinterlassenschaften einfach überall verteilen – inklusive in meinen Blumenbeeten?
 
Rational weiss ich: Es war nichts Schlimmes. Ich habe alles richtig gemacht.
Aber emotional? Da fährt mein Kopf Karussell.
ADHS und die Sache mit den kleinen Stichen
Das ist typisch bei ADHS:
Kleine Bemerkungen treffen uns oft härter als nötig. Ein freundlicher Hinweis kann sich anfühlen wie ein Vorwurf. Und statt es kurz zur Seite zu legen, zerdenken wir es stundenlang.
👉 Schuldgefühle („Ich hätte… ich sollte…“)
👉 Frust („Warum versteht das niemand?“)
👉 Vergleiche („Andere dürfen, warum ich nicht?“)
Das Ganze nennt sich auch Rejection Sensitivity – eine extreme Empfindlichkeit auf Kritik oder Ablehnung. Selbst wenn objektiv keine Kritik da ist, interpretiert unser Gehirn sie hinein.
Was hilft?
Ganz ehrlich: Ich habe kein Wundermittel.
Aber ich übe mich darin, solche Momente schneller loszulassen:
- Kurz durchatmen: „Stopp. Es war nichts Schlimmes.“
 - Realitätscheck: Ich habe den Haufen weggeräumt, alles ist okay.
 - Humor: Katzen kacken auch. Punkt. 😅
 - Selbstmitgefühl: Es ist normal, dass mich das beschäftigt. Mein Gehirn funktioniert so.
 
Mein Fazit
Am Ende war es nur ein kurzer Dialog am Fenster.
Aber für mich wurde daraus eine innere Debatte, die viel länger anhielt als nötig.
So ist das mit ADHS: Kleine Situationen können gross wirken. Nicht, weil wir empfindlich sein wollen, sondern weil unser Gehirn intensiver reagiert.
Und während der Hundehaufen längst im Beutel entsorgt war, drehte mein Gedankenkarussell noch eine Extra-Runde.
💛


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